Sportplätze und speziell Fußballplätze sind in fast jedem kleineren und größeren Ort Deutschlands und Österreichs zu finden. Sie prägen das Gesicht und auch das gesellschaftliche Leben vielerorts. Zur Zeit des Nationalsozialismus war auch die Zwangsarbeit, also die erzwungene Arbeit von Menschen, die während des Zweiten Weltkrieges aus ihren Orten nach Deutschland verschleppt wurden, allgegenwärtig. Es nimmt also nicht wunder, dass zwischen beiden Bereichen eine Verbindung besteht, zu der bisher jedoch noch nicht umfangreich recherchiert wurde. Mit einer Pressekonferenz im Stadion „Bremer Brücke“ in Osnabrück ist das Projekt „Von einem Ort des Jubels zu einem Ort des Unrechts. Zwangsarbeitslager auf Fußball- und Sportplätzen“ der Öffentlichkeit präsentiert worden. Stellvertretend für den VfL Osnabrück begrüßte Präsident Holger Elixmann die Anwesenden. „Wir wünschen dem Projektteam alles Gute und viel Erfolg!“, so Elixmann.

Das Projekt der Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht sammelt Standorte von Zwangsarbeitslagern auf Fußball- und Sportplätzen. Diese Standorte, von denen bereits einige bekannt sind und die sich von Osten bis Westen und von Kiel bis Wien verteilen, sollen auf einer eigenen Homepage sichtbar gemacht werden. Die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und das Bundesministerium der Finanzen (BMF) fördern das Projekt im Rahmen der Bildungsagenda NSUnrecht.
Jakob Meyer, Vorstand der Stiftung EVZ, nahm an der Pressekonferenz teil. Die Stiftung fördere dieses Projekt auf Grund seiner spezifischen Zielsetzung und des innovativen, partizipativen Ansatzes, sagte er zu den Förderungsgründen. „Es wird eine thematische Leerstelle geschlossen“, so Meyer. „Das Projekt verbindet auf einzigartige Weise die Themen Zwangsarbeit und Fußball.“

Zur Entstehung des Projektes sprach Lisa Roggenkamp vom Bündnis „Tradition lebt von Erinnerung“, das sich als Projektpartner an der Durchführung beteiligt. Das Bündnis ist ein Zusammenschluss verschiedener Gruppen, die sich mit der Erinnerungskultur rund um den VfL Osnabrück beschäftigen, auch mit dem ehemaligen Zwangsarbeitslager auf einem früheren Spielort des VfL. „Die Gartlage-Elf war die erfolgreichste Mannschaft des VfL, benannt nach dem damaligen Sportplatz. Der VfL zog dann 1939
aber um und in der Gartlage entstand später das Gemeinschaftslager“, berichtete sie.

Das Projekt selber wurde von Dr. Michael Gander, Geschäftsführer der Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht vorgestellt. Es sollen vor allem interessierte Personen motiviert und befähigt werden, nach Standorten solcher Zwangsarbeitslager auf Fußball- und Sportplätzen zu suchen. Angesprochen werden sollen Menschen aus Amateurvereinen, Bürgervereinen und -initiativen, Fußball-Fanszenen sowie historisch Interessierte. Mit den Ergebnissen, die sich aus diesem partizipativen Ansatz heraus ergeben, hoffen die Projektverantwortlichen einen möglichst umfassenden Überblick zu gewinnen: „Wir wollen, dass die Systematik, die hinter diesen Lagern stand, auf einer eigenen Homepage sichtbar wird.“

Vervollständigt wurde der erste Teil der Veranstaltung durch die Vorstellung des Projektteams welches sich der Recherche (Julian Krings und Gero Kopp), Pädagogik (Tina Schröter und Melanie Helming) und Kommunikation (Bastian Satthoff) widmen wird. Die Vermittlung der Projektergebnisse in Form einer interaktiven, digitalen Karte bildet den nachhaltigen Aspekt des Projektes. Die Bildungsmaterialien und die Homepage sollen über den Förderungszeitraum hinaus nutzbar bleiben und für verschiedene
Bildungsformate genutzt werden. Ansprechbar ist das Team für Interessierte über die gängigen Social-Media-Plattformen und per E-Mail unter Sportplatz@augustaschacht.de.

Dr. Michael Gander führte abschließend ein Gespräch mit Antonina Vasilijewna Sidoruk, einer ehemaligen Zwangsarbeiterin, die im Zwangsarbeitslager an der Gartlage in Osnabrück interniert war, jenem Gemeinschaftslager auf dem nur wenige Jahre zuvor noch hochklassige Fußballspiele ausgetragen wurden. Sie wurde im Alter von 14 Jahren nach Deutschland verschleppt und musste tagtäglich mehrer Kilometer Weg zu ihrer Arbeitsstelle zurücklegen. Sie berichtete davon, dass Mitgefangene an dem
verdorbenen Essen starben, welches an Sie ausgegeben wurden und vom Gefühl des Ausgeliefertseins und der Willkür im Zwangsarbeitslager. Eine Mitgefangene erlitt einen epileptischen Anfall und fiel von der Anstrengung anschließend in einen tiefen Schlaf, aus dem sie beim morgendlichen Wecken nicht erwachte. Die Wachen schlugen Sie daraufhin tot. Es sind Erzählungen wie diese, die den Zuhörenden die Dimension des nationalsozialistischen Unrechtsregimes bildlich vor Augen führen. Zeitzeugenschaft ist daher für den historischen Vermittlungsprozess eine immens wichtige Quelle. Zeitzeugen, wie Frau
Sidoruk beabsichtigt, das Projektteam daher ebenfalls in die Arbeit einzubinden.


Text: Benjamin Satthoff

Fotos: Uwe Lewandowski, Rechteinhaberin: Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht e.V.