Erstmals in ihrer fußballerischen Laufbahn könnten am Sonntag beim Duell des VfL Osnabrück gegen Hannover 96 die Brüder Lukas und Fabian Kunze aufeinandertreffen (Anpfiff: 13:30 Uhr). Vor dem Spiel sprechen die beiden Zweitliga-Profis über ihre Kindheit, den Saisonstart beider Teams sowie das Spiel.

In Eurer Laufbahn trefft Ihr am Sonntag zum allerersten Mal aufeinander. Wie besonders ist es für Euch?

Fabian: Es ist natürlich etwas Besonderes, da wir noch nie gegeneinander gespielt haben, bisher wenn dann zusammen. Aber es ist kein Privatduell von F. Kunze gegen L. Kunze, sondern ein normales Pflichtspiel. Am Ende ist es dennoch selbstverständlich etwas Besonderes.
Lukas: Definitiv ist es kein Privatduell, das wird medial teilweise größer gemacht als es ist. Am Ende geht es um drei Punkte, die wir beide mit unseren jeweiligen Teams gerne haben wollen. Von daher ist es eine schöne Sache, aber es ist ein ganz normales Fußballspiel, in dem beide Mannschaften gewinnen wollen.

Ihr spielt beide im Mittelfeld, es kann durchaus zu Zweikämpfen zwischen Euch kommen. Geht Ihr da vorsichtiger zur Sache?

Fabian: Im Gegenteil! (lacht)
Lukas: Ich ziehe voll durch! (lacht)
Fabian: Auch wenn Du es bist, Lukas. Da wird nicht zurückgezogen.
Lukas: Das sehe ich genauso.


Wie lief bzw. läuft das vor dem Spiel ab, herrscht bis auf das Interview in dieser Woche Funkstille zwischen Euch?

Fabian: Nein, wir haben wie sonst auch ganz normal Kontakt.
Lukas: Wir haben uns Anfang der Woche sogar noch gesehen, alles ganz normal. Wir sagen nicht, wir legen ab morgen die Handys weg. Da sind wir alt genug, so dass wir das vernünftig einschätzen.

Fabian Kunze im Duell mit Manuel Wintzheimer.

Für das Aufeinandertreffen musstest Ihr doch sicherlich einige Tickets ordern, oder?

Fabian: Da kamen schon einige Bestellungen zusammen. Das Duell lässt keinen kalt. Der Besuch in Hannover bietet sich aber auch an, unsere Familie wohnt in der Umgebung von Bielefeld, eine gut zu bewältigende Strecke.

Und welches Trikot streifen Eure Eltern am Wochenende über? Das rote oder das lila-weiße?

Fabian: Das ist eine gute Frage, welche Trikots da genommen werden. Sie haben auf jeden Fall jeweils beide.
Lukas: Ich glaube, weder noch. Unsere Eltern freuen sich in erster Linie auf das Spiel. Interne Wetten gibt es da, glaube ich, auch nicht, wer gewinnt. Aus meiner Sicht wäre es natürlich schön, wenn mehr lila-weiße Trikots kommen.
Fabian: Quatsch, mehr rot sollte kommen – sieht doch auch besser aus als lila-weiß. (lacht). Aber Spaß beiseite: Das ist völlig entspannt.

Wie ist es generell, wenn Ihr spielt. Kommen Eure Eltern regelmäßig zu Euren Spielen?

Lukas: Sie versuchen beides unter einen Hut zu bekommen. Wir in Osnabrück haben ja zuletzt gefühlt eh vor allem Sonntagsspiele. Von daher passt das immer ganz gut. Mal in Hannover, mal in Osnabrück. Sie verfolgen beides.

Fabian: Die beiden haben aber sogar eine Dauerkarte für den VfL, oder?
Lukas: Ja (lacht).
Fabian: Oh man… (lacht).

Lukas Kunze bei seinen ersten Zweitligaspielen.

Bis 2019 habt Ihr immer gemeinsam in einem Klub gespielt, wie war es als sich Eure Wege erstmals trennten?

Fabian: Ich fand es ehrlich gesagt gar nicht so schlimm (lacht). Für mich war es einfach der nächste Schritt. Vielleicht hat es sich aber auch nicht so schlimm angefühlt, da wir weiter zusammengewohnt haben. Unsere Wohnungen lagen direkt nebeneinander. Wir haben uns trotzdem jeden Tag gesehen.
Lukas: Wir haben uns eh jeden Tag in Bielefeld gesehen, von daher war es halb so wild. Und dass die fußballerischen Wege irgendwann mal auseinandergehen, war ja absehbar. Es ist ja doch recht unwahrscheinlich, dass man sein ganzes Leben zusammenspielt.

Wie ist denn Eure Beziehung generell zueinander? Habt Ihr Euch als Kinder auch mal gekabbelt?

Lukas: Grundsätzlich sind wir immer sehr gut miteinander ausgekommen, aber wir hatten uns natürlich auch mal in den Haaren. Aber das hielt sich in Grenzen.
Fabian: Natürlich haben wir uns in der Jugend auch mal gekabbelt. Im Training ging es bei gegenseitigen Duellen auch mal härter zur Sache. Das war auch witzig, im Nachhinein können wir darüber lachen.

Ist man als Zwillingsbruder stolz auf die Leistungen des anderen?

Fabian: Man ist auf jeden Fall stolz auf den anderen. Gerade jetzt im Sommer, als Osnabrück aufgestiegen ist. Da freut man sich einfach mit. Wir haben viel Kontakt, sprechen natürlich auch über unsere jeweiligen fußballerischen Leistungen. Das ist ja ein Schwerpunkt in unserer beider Leben.

Und Lukas, als Fabian 2019 den Sprung aus der vierten in die erste Liga geschafft hat, wie stolz warst Du da auf ihn?

Lukas: Natürlich war ich stolz auf ihn. Das erreichen schließlich nicht viele, dass sie in die Bundesliga aufsteigen. Ich habe ja auch einen Aufstieg erlebt, wo alles erlaubt. Das ist etwas sehr Besonderes. Insgesamt kann ich sagen – sowohl sportlich als auch privat: Wenn ich einem Erfolg gönne, dann meinem Bruder.
Fabian: Das hast Du aber süß gesagt (lacht).
Lukas: Lange geübt (lacht)!

Ihr habt es schon angerissen, Ihr habt viel Zeit miteinander verbracht und tut das auch immer noch. Wo gibt es denn die härtesten Duelle zwischen Euch abseits des Fußballplatzes?

Fabian: Auf dem Golfplatz geht es immer heiß her. Wir haben allerdings länger nicht mehr gespielt. Ich bin deutlich besser geworden, Lukas wird es beim nächsten Mal nicht leicht haben.
Lukas: Das wollen wir erstmal sehen. Auf dem Golfplatz kann es bei uns aber tatsächlich schon mal zu verbalen Auseinandersetzungen kommen. (lacht)
Fabian: Wenn Du den Ball nie richtig triffst, kann ich da ja aber nichts für. (lacht)

Karrierehighlight: Fabian Kunze im DFB-Pokalspiel gegen den FC Bayern München.

Habt ihr Euch früher auch schon andere Hobbys geteilt und in ihnen duelliert?

Lukas: Wir haben uns in vielen Dingen gemessen. Videospiele wie FIFA und irgendwann dann eben auch Golf.
Fabian: Ja, da ging es dann auch mal darum, wer das Abendessen zahlt. An den weißen Controller mit dem Riss von dir kann ich mich übrigens noch gut erinnern.
Lukas: (lacht)

Lukas, was würdest Du gerne von „Fabi“ haben?

Lukas: Gar nicht so einfach (lacht).
Fabian: Du bist schon perfekt, richtig? (lacht)
Lukas: Das Zweikampfverhalten in machen Situationen, aber dann hätte ich ja auch so viele Gelbe Karten, wie er (lacht). Ad hoc fällt mir das tatsächlich nichts ein.
Fabian: Da habe ich mehr erwartet…
Lukas: Das gleiche Aussehen haben wir ja schon, da kann man sich nicht viel mehr wünschen.

Lukas, hat es Dich dann nicht besonders gewundert, dass „Fabi“ noch keine Gelbe Karte in dieser Saison gesehen hat?

Lukas: Nein, nicht wirklich. Er hat dazu gelernt. Ich musste tatsächlich schon das ein oder andere mal erklären, wieso mein Bruder so viele Gelbe Karten gesammelt hat. (schmunzelt)
Fabian: Es gab da einen Lerneffekt. Das gehört zur Entwicklung auch dazu.

Und „Fabi“: Was imponiert Dir an Deinem Bruder?

Fabian: Mir hat es imponiert, wie Du die Uni durchgezogen hast. Du saßt jeden Morgen und Abend am Schreibtisch, teilweise bis in mitten in der Nacht. Das war schon eine beachtliche Leistung neben dem normalen Trainings- und Spielbetrieb.

Ihr seid beide Profifußballer geworden. Da haben Euch Eure Eltern gute Gene mitgegeben, oder?

Fabian: Einen großen Anteil haben schon die Gene, denke ich. Mama und Papa haben beide Fußball gespielt. Darüber hinaus hat geholfen, dass uns immer gelehrt wurde, dass wir Spaß haben sollen. Und es war nie der Druck da, Fußballprofi werden zu müssen. Viel Wert wurde auch auf die schulische Ausbildung gelegt.
Lukas: Ich glaube auch, dass die Gene eine Rolle gespielt haben. Unsere Eltern waren immer auch irgendwie auf Fußball gepolt. Ohne Unterstützung unserer Eltern wäre es auch nicht gegangen.

Hattet Ihr denn einen Plan B, wenn es nicht geklappt hätte, Fußballprofi zu werden?

Fabian: Natürlich gab es einen Plan in der Hinterhand. Ich hätte dann wahrscheinlich erstmal angefangen Jura zu studieren.
Lukas: In der Anfangszeit habe ich parallel eine Ausbildung gemacht und auch noch ein aufbauendes Studium angehängt. Ich hätte wohl etwas in die Richtung des Automobilkaufmanns gemacht. Aber genau kann man es jetzt nicht mehr sagen. Ich habe dann ja ein Fernstudium absolviert.

Und Euer Traumberuf in der Kindheit?

Fabian: Fußballprofi.
Lukas: Das ist ja immer der Traum von vielen Kindern, die Fußball spielen. Und es war auch unserer.

Kommen wir nochmal zur Partie am Sonntag: Was erwartet Ihr für ein Spiel?

Fabian: Beide Teams wollen die drei Punkte haben, wir wollen sie natürlich hier in Hannover behalten. Das wird ein Mix aus spielerischem und kampfbetontem Spiel. Der VfL kommt noch ein Stück weit mit der Aufstiegseuphorie, auch wenn sie nicht hundert Prozent glücklich gestartet sind. Es wird ein schwieriges Spiel.
Lukas: Ich denke, es wird allein schon von den Namen her ein interessantes Niedersachsenduell. Jedes Spiel ist offen. Wir wollen mithalten und möglichst die drei Punkte holen. Wir werden sehen, wer am Sonntag besser drauf ist.

Wie bewertet Ihr die bisherige Saison von 96 und vom VfL?

Lukas: Unser Ziel ist es, die Klasse zu halten. Wir haben an den ersten Spieltagen schon relativ viel Lehrgeld bezahlt. Wir haben teilweise zu einfache Gegentore bekommen. Wir haben uns ordentlich verstärkt, das muss sich aber alles erst finden. Das hat letzte Saison auch einen Tick gedauert. Ziel ist es, jetzt erstmal den ersten Dreier zu holen.
Fabian: Wir haben kein gutes erstes Spiel gemacht und in Nürnberg auch Lehrgeld bezahlt. Die drei Punkte in Rostock haben dann Aufschwung gegeben. Gegen Hamburg haben wir dann ein gutes Spiel gemacht und in Fürth auch verdient gewonnen. Da müssen wir jetzt dranbleiben, dann werden wir weiter punkten.


Interview: Hannover 96

Fotos: Philip Dauwe, Michael Titgemeyer