Der 12-jährige Ben Finke ist ein beeindruckendes Beispiel für Leidenschaft, Sportsgeist und Durchhaltevermögen. Der junge Sportler, der seit seiner Geburt mit der Krankheit „offener Rücken“ lebt, hat sich zu einem echten Athleten entwickelt. Neben dem Kugelstoßen stellte er sein Talent zuletzt auch beim inklusiven Kartfahren unter Beweis, wo er für den VfL Osnabrück startete.
Ben Finke wurde mit Spina bifida, auch „offener Rücken“ genannt, geboren. Eine Fehlbildung der Wirbelsäule und des Rückenmarks führt dazu, dass Bens Beinmuskulatur nicht richtig ausgebildet werden kann. Deshalb ist Ben für kurze Strecken auf Orthesen angewiesen. Für längere Strecken braucht der Junge aus Rödinghausen einen Rollstuhl. Im Alltag ist der 12-Jährige mit seinen Orthesen meist selbstständig unterwegs. Diese sind speziell für ihn angefertigt und müssen jedes Jahr erneuert werden. Das Design seiner Orthesen kann Ben selbst bestimmen. Als treuer VfL-Fan zieren diese seit einigen Jahren stets das VfL-Logo.
Als Ben von der Grundschule auf die Gesamtschule wechselte, wurden ihm verschiedene Sportarten vorgestellt, die er im Sitzen ausüben kann. Besonders das Sitzkugelstoßen hat es ihm dabei angetan. Von Vorteil war auch, dass nicht weit von seinem Wohnort der Verein MuWis in Bad Oeynhausen trainiert, der sich auf Para-Sportarten spezialisiert hat. Nachdem Ben zum ersten Mal die Kugel gestoßen hatte, entpuppte er sich sofort als Ausnahmetalent. Schon jetzt kann Ben auf beeindruckende sportliche Erfolge zurückblicken. Er ist dreifacher Deutscher Juniorenmeister und einmal Deutscher Vizemeister im Kugelstoßen in der Altersklasse U17 – und das mit gerade einmal zwölf Jahren. Seine aktuelle Trainingsbestweite liegt bei 5,76 Metern mit der 2-kg-Kugel. Sein nächstes großes Ziel sind die 5,92 Meter, um sich für die Landesauswahl zu qualifizieren. Trainiert wird Ben von keinem Geringeren als dem Bundestrainer für Para-Kugelstoßen Alexander Holstein.
Neben dem Kugelstoßen ist Bens zweite große Leidenschaft der VfL Osnabrück. Seit 2022 ist er im Stadion live dabei und hat mit seiner Familie unter anderem den Aufstieg im letzten Jahr miterlebt. Die ganze Familie Finke hat Dauerkarten für die Bremer Brücke. Ben und seine Mutter sitzen auf den Rollstuhlplätzen, während sein Vater und seine Schwester auf der Osttribüne mitfiebern. Auch auswärts in Verl, Paderborn, Düsseldorf oder beim nächsten Spiel in Bielefeld ist Ben mit dabei. An der Bremer Brücke ist Ben nie allein. Sein bester Rollstuhlkumpel Ingo ist bei Heimspielen immer an seiner Seite. Gemeinsam unterstützen sie ihre Mannschaft leidenschaftlich, so bastelt Ben für jedes Spiel seine eigene Fahne. Bei einem seiner Besuche an der Bremer Brücke sprach der Behindertenbeauftragte des VfL, Marcel Bosse, Ben an und fragte ihn, ob er nicht Lust hätte, für den VfL an einem inklusiven Kartrennen teilzunehmen. Obwohl Ben noch nie zuvor in einem Kartauto gesessen hatte, sagte er sofort zu.
Genau wie beim Sitzkugelstoßen konnte Ben auch beim Inklusiven Kartfahren, bei dem der Fahrer das Auto mit einem Joystick lenkt und einen Slalomparcours umfahren muss, sein Talent unter Beweis stellen. Schon nach seiner Proberunde war klar, dass Ben nicht in der Anfängergruppe fahren musste, sondern sich direkt im Wettbewerb mit erfahrenen Fahrern messen durfte. Auf Anhieb konnte er sich bei seinem ersten Rennen im VfL-Trikot den dritten Platz sichern und sich damit für den Bundeswettbewerb in Garmisch qualifizieren. Dort wird er zwar aus zeitlichen und logistischen Gründen nicht teilnehmen können, aber beim nächsten Rennen in der Nähe will Ben schon wieder an den Start gehen. Für seine herausragende Leistung gratulierte Marcel Bosse dem 12-Jährigen beim Heimspiel des VfL gegen Energie Cottbus und überreichte ihm ein aktuelles Trikot der Lila-Weißen.
Ben Finke wird sich aber auch in Zukunft mit dem Schwerpunkt auf das Kugelstoßen konzentrieren. Ein Ziel hat er bereits fest im Visier: In vier Jahren will er als 16-Jähriger bei den Paralympics 2028 in Los Angeles dabei sein. Dafür trainiert Ben mittlerweile zweimal die Woche. Doch schon jetzt hat Ben bewiesen, was für ein großes Talent er ist. Und vielleicht darf der VfL in Zukunft tatsächlich einen Paralympics-Teilnehmer mit lila-weißen Blut an der Bremer Brücke begrüßen.
Text: Jendrik Greiwe
Bilder: Privat