Am Samstag steht für den VfL Osnabrück das nächste wichtige Spiel im Abstiegskampf an. Im Eilenriedestadion trifft man auf die Zweitvertretung von Hannover 96. Mit einem Sieg könnte man den Abstand auf die 96er auf sechs Punkte vergrößern. Der Vorbericht.
Der Gegner
Die U23 von Hannover 96 spielt nach dem Aufstieg ihre erste Drittligasaison der Vereinsgeschichte. Mit dem zweitjüngsten Kader der Liga (Durchschnittsalter 22,1 Jahre) startete man in die Saison und steht nach 23 Spieltagen auf dem 19. Und damit vorletzten Tabellenplatz. Im Aufgebot der Hannoveraner sind einige vielversprechende Talente wiederzufinden. So auch der 22-jährige Robin Kalem, welcher in der laufenden Spielzeit bereits mit vier Toren und vier Vorlagen überzeugen konnte. Damit ist der Sommerneuzugang vom Grasshopper Club Zürich sowohl Toptorjäger als auch Topvorlagengeber des Teams. Ansonsten ist die Offensive, beim kommenden Gegner des VfL, qualitativ ziemlich ausgeglichen. Gleich vier Spieler teilen sich mit jeweils drei Saisontoren den zweiten Platz in der internen Torjägerliste.
Im Wintertransferfenster wurden die Hannoveraner nur vereinzelt aktiv. Neuzugang Valmir Sulejmani kehrte Anfang des Monats zu seinem Jugendverein Hannover 96 zurück. Der 29-jährige war das letzte halbe Jahr vereinslos und zuvor beim TSV 1860 München unter Vertrag. Sein Neueinstand bei den Hannoveranern verlief allerdings alles anders als nach Plan. Zwar stand der Mittelstürmer nur einen Tag nach seiner Verpflichtung bereits in der Startelf, sah aber nach 56 Minuten für ein grobes Foulspiel die rote Karte und wurde für drei Spiele gesperrt. Der Ausfall von Sulejmani schmerzte den 96 einen Tag später umso mehr, als die Leihe von Stürmer Tom Sanne vorzeitig vom Hamburger SV beendet wurde. Der 20-Jährige lief in der Hinrunde 17-mal für die Hannoveraner auf und erzielte dabei drei Tore. Gegen Ende des letzten Jahres kam Sanne jedoch nur noch sporadisch zum Einsatz, sodass der Hamburger SV die Reißleine zog und das Leihgeschäft vorzeitig beendete. Neben Sanne verließen auch Linksaußen Marin Popovic und Stürmer Jorden Winter den Verein.
Trainer Daniel Stendel geht also mit einem nur minimal veränderten Kader in die zweite Saisonhälfte und hofft, am Ende mit diesem den Klassenerhalt feiern zu können. Der Start in die Rückrunde verlief für den 50-jährigen allerdings durchwachsen. Zwar startete man mit einem 2:1-Heimsieg gegen den FC Erzgebirge Aue, musste daraufhin aber eine bittere 1:5-Auswärtsniederlage beim Abstiegskonkurrenten Rot-Weiss Essen hinnehmen. Es folgten ein hart umkämpfter Punkt in Unterzahl gegen den SV Sandhausen (2:2) und am vergangenen Wochenende eine 0:1-Niederlage beim SC Verl. Am Samstag möchte Stendel mit seinem Team also endlich wieder einen Sieg einfahren und dreifach punkten.
Die Ausgangslage
Im Gegensatz zum durchwachsenen Rückrundenstart der Hannoveraner konnte der VfL mit drei Siegen und einem Remis ins neue Jahr starten. So führen die Lila-Weißen die Rückrundentabelle mit zehn Punkten auf dem ersten Platz an. Die 96er stehen dagegen in dieser Tabelle auf dem 14. Platz. Im Hinspiel zwischen den beiden Mannschaften konnten die Osnabrücker bereits in der zweiten Minute durch den Kopfballtreffer von Kapitän Timo Beermann in Führung gehen, jedoch nicht den 1:1-Endstand verhindern. Der 33-Jährige könnte durch den Ausfall von Innenverteidiger Niklas Wiemann (5. Gelbe Karte) auch am Samstag wichtig für den VfL werden.
Ein früher Rückstand ist in dieser Saison für Hannover keine Seltenheit. Schon acht Gegentore kassierte man in den ersten 15 Minuten eines Spiels. Nur Stuttgart II kassierte ebenfalls acht Tore in dieser Zeit. Keine Mannschaft der 3.Liga stellt eine schlechtere Defensive in den Anfangsminuten. Ein erneuter früher Führungstreffer könnte den Lila-Weißen am Wochenende also gut zu Gesicht stehen, um den zweiten Auswärtserfolg in Serie zu feiern. Nachdem man in Unterhaching vor zwei Wochen den ersten Sieg in Ferne in der laufenden Saison feiern konnte, möchte die Mannschaft nun in Hannover nachlegen. Dabei wird die Kulisse im 5.001 zuschauerfassenden Eilenriedestadion mit aller Voraussicht lila-weiß gestimmt sein. Rund 2.500 VfL-Fans werden vor Ort erwartet.
Während diese die Osnabrücker Mannschaft dann nach vorne peitschen werden, muss die Defensivreihe des VfL besonders auf Hayate Matsuda aufpassen. Der linke Außenbahnspieler ist der Aktivposten im Offensivspiel der Hannoveraner. Der 21-Jährige schlug nicht nur die sechstmeisten Flanken (64) aller Drittligaspieler, sondern ging auch in die viertmeisten Dribblings (39), wovon er 59% für sich entscheiden konnte. Mit einer Laufdistanz von 216,8km ist der Japaner zudem der laufstärkste Spieler des Teams. Besonders gerne sprintet er dabei die linke Außenbahn hoch und sorgt somit dafür, dass den gegnerischen Rechtsverteidigern nicht langweilig wird. In der eigenen Defensive können sich die 96er auf die Dienste von Kapitän Fynn Arkenberg verlassen, der mit 50 Befreiungen die meisten in seinem Team vorweisen kann. Außerdem sorgt der Österreicher Lukas Wallner dafür, dass die gegnerischen Flanken entschärft werden. 64,7% seiner Luftzweikämpfe konnte Wallner in dieser Saison für sich entscheiden.
Es wird also spannend zu beobachten sein, wie die Mannschaft von Daniel Stendel am Samstag auf die zuletzt, unter Trainer Marco Antwerpen, erfolgreichen Standardsituationen des VfL reagieren wird. Zwei der bislang zehn erzielten Treffer unter dem neuen Coach entstanden nach Eckstößen – insgesamt fielen 40% der Tore nach ruhenden Bällen. Zum Vergleich: Vor Antwerpen waren es lediglich 21,1%. Diese deutliche Steigerung lässt sich auch anhand eines Winterneuzugangs des VfL erklären. Linksverteidiger Niklas Kölle hat sich seit seiner Ankunft direkt als Standardschütze bei den Osnabrückern etabliert. Bereits 17 Ecken schlug der Linksfuß, welcher zusammen mit Dave Gnaase auch für die Freistöße beim VfL verantwortlich ist. 57,6% von Kölles Zuspielen aus Standardsituationen kamen bei dessen Mitspielern an. Wie akribisch die Mannschaft und das Trainerteam an den Standards arbeitet, verriet der Cheftrainer am vergangenen Sonntag nach der Partie gegen Borussia Dortmund II bei Magenta Sport. Angesprochen auf das Tor des Tages von Niklas Wiemann, welches nach einem Eckball fiel, erklärte Antwerpen: „Wir haben das mit dem Co-Trainer zusammen einstudiert, ein geiles Tor. Dafür trainieren wir das Ganze.“
Auch in der Defensive hat sich der VfL unter Marco Antwerpen stabilisiert. Mit nur fünf Gegentoren gehört die Lila-Weißen zu den besten Defensivreihen der Liga – lediglich Aachen, Verl und Cottbus kassierten in den sechs Spieltagen, seitdem Marco Antwerpen beim VfL im Amt ist, weniger Gegentore (jeweils vier). Dabei spiegelt sich die positive Entwicklung nicht nur in der Summe der kassierten Gegentore wider, auch die zugelassenen Torschüsse wurden unter Antwerpen reduziert. Mit 71 Torschüssen ließ man unter dem 53-jährigen die drittwenigsten der Liga zu. Und wenn die Abwehrreihe des VfL die gegnerischen Stürmer dennoch überwunden wurde, konnte sich Torhüter Lukas Jonsson auszeichnen. Der Schwede trägt einen entscheidenden Anteil zur defensiven Stabilität bei. So wehrte er 80% der gegnerischen Torschüsse ab. Vor Antwerpens Amtsantritt lag diese Quote noch bei 56,3%.
Diese positive Serie sowohl in den persönlichen Entwicklungen der Spieler als auch in den Endresultaten der Partien möchte der VfL am Samstag also fortführen. Mit einem Sieg könnte man nicht nur den Abstand auf die Hannoveraner aus sechs Punkte vergrößern, sondern auch den Druck auf die anderen Mannschaften in der Abstiegszone erhöhen.
Die Bilanz
Erst zweimal gab es die Begegnung zwischen dem VfL Osnabrück und der Zweitvertretung von Hannover 96. Im Jahre 1966 verlor man mit 2:4 im damaligen Norddeutschen Pokal gegen die Hannoveraner und im Hinspiel der aktuellen Drittligasaison trennte man sich wie bereits erwähnt mit einem 1:1-Unentschieden.
Das Personal
Neben dem bereits erwähnten Ausfall von Valmir Sulejmani (Rotsperre) muss Trainer Daniel Stendel am Samstag auch auf Jacob Danquah (Meniskusverletzung), Mark Gevorgyan (muskuläre Probleme), Montell Ndikom (muskuläre Probleme), Husseyn Chakroun (Außebandriss), Alexander Babitsch (Meniskusverletzung) und Stefano Marino (Gelbsperre) verzichten.
Auf der Gegenseite muss VfL-Trainer Marco Antwerpen nur auf den gelbgesperrten Niklas Wiemann verzichten. Der 53-jährige ist sich aber sicher, dass der Ausfall des Stammspielers nicht allzu schwer ins Gewicht fallen wird. „Es ist immer schade, wenn ein Spieler ausfällt, aber wir wollen das gar nicht groß zum Thema machen. Wir haben andere Jungs, die diese Rolle problemlos übernehmen können.“ Ansonsten sind alle Spieler fit und einsatzbereit, sodass Antwerpen und sein Trainerteam erneuet die Qual der Wahl bei der Kadernominierung haben werden.
Stimmen zum Spiel
Trainer Marco Antwerpen stand am Donnerstagvormittag wie gewohnt bei VfL-TV im Spieltagsinterview und erklärte dort, was er vom kommenden Gegner erwartet: „Es ist eine sehr junge und talentierte Mannschaft, die uns versuchen wird, über das gesamte Spiel mit viel Pressing zu stressen und viel in die eigene Laufarbeit investiert. Du musst den Gegner jedes Mal ernst nehmen und auch sehen, was er spielen kann. Wir fühlen uns wieder sehr gut vorbereitet.“
Angesprochen auf die erneut grandiose Fan-Unterstützung vor Ort, entgegnete der 53-jährige der Aussage eines gefühlten Heimspiels: „Wir haben reichlich Unterstützung von unseren Fans wieder mit dabei. Es ist aber trotzdem ein Auswärtsspiel, weil du natürlich auch vorher eine Nacht im Hotel übernachtest und dich an die Begebenheiten vor Ort anpassen musst.“
TV und Liveradio
Der Pay-TV Sender Magenta Sport überträgt die Partie live ab 13:45 Uhr. Das Liveradio der Lila-Weißen meldet sich wie gewohnt wenige Minuten vor Anpfiff unter www.vfl.de/liveradio. Ansonsten können VfL-Fans das Spiel sowohl über den Liveticker in der App oder auf der Website als auch auf der Plattform X verfolgen.
Text: Jendrik Greiwe
Foto: osnapix