Nach dem 45. Spieltag der Mammutsaison 1992/93 stand der VfL bereits mit anderthalb Beinen in der Oberliga. Nur ein Sieg gegen den SC Freiburg, der schon als Aufsteiger in die Bundesliga feststand, konnte die Lila-Weißen noch retten. Aber das war nicht die einzige Bedingung für den Klassenerhalt.

Der 3:2-Auswärtssieg bei den Stuttgarter Kickers hatte die Mannschaft von Trainermanager Hans-Dieter Schmidt am vorletzten Spieltag noch einmal in Schlagdistanz gebracht. Doch neben einem Sieg gegen die dominierende Mannschaft der Saison 1992/93 mussten die Osnabrücker auch noch auf Ausrutscher der Konkurrenz aus Unterhaching, Braunschweig und St. Pauli hoffen.

Die Hoffnungen vor dem Finale waren entsprechend gedämpft. Nur 3.500 Zuschauer verloren sich an der Bremer Brücke, sogar Präsident Hartwig Piepenbrock verzichtete an diesem Sonntagnachmittag auf einen Besuch im Stadion. Zur Halbzeit konnten sich die Daheimgeblieben sagen: „Alles richtig gemacht“, denn die Gäste, die gerade von ihrer Meisterfeierreise aus Paris zurückgekehrt waren, dominierten das Spielgeschehen trotz mutmaßlicher Ermüdungserscheinungen. Nachdem Thomas Seeliger kurz vor der Pause ins linke Eck getroffen hatte, schien der 28. Sieg der Breisgauer und die 20. Niederlage der Lila-Weißen bereits besiegelt zu sein.

Doch es kam anders, denn nach dem Seitenwechsel warfen die Hausherren noch einmal alles nach vorn und drehten das Spiel durch Tore von Jan Sievers und Carsten Marquardt innerhalb einer Viertelstunde. Nun schien alles auf einen Erfolg der Osnabrücker hinauszulaufen, zumal Maximilian Heidenreich nach einer Stunde wegen einer Tätlichkeit die rote Karte sah.

Der Platzverweis hätte die Lila-Weißen motivieren können, jetzt endgültig die Entscheidung zu suchen, doch Schmidts Team machte auch in dieser Situation einen verunsicherten Eindruck. Der spätere Nationalspieler Jens Todt nutzte eine von zahlreichen Unaufmerksamkeiten in der Osnabrücker Defensive und schob den Ball zum 2:2 über die Linie. Dabei wäre es wohl geblieben, wenn der beste VfLer an diesem brütend heißen Tag sich nicht zehn Minuten vor Schluss ein Herz gefasst und den Ball noch einmal Richtung Freiburger Kasten gejagt hätte.

Thomas Grethers sechstes Saisontor bescherte dem VfL den ersehnten Sieg, der am Ende aber ein Muster ohne Wert war. Denn Unterhaching gewann zeitgleich gegen Remscheid und St. Pauli gegen Hannover. Braunschweig verlor nicht hoch genug gegen Duisburg und die vage Hoffnung auf eine Aufstockung der Bundesliga, die den Lila-Weißen den Klassenerhalt vielleicht noch am grünen Tisch gesichert hätte, zerschlug sich ebenfalls.

So musste der VfL mit Braunschweig und Unterhaching, Düsseldorf, Oldenburg, Remscheid und Darmstadt den bitteren Gang in die Drittklassigkeit antreten. Für Freiburg ging es in der Beletage weiter. Bis zu einem Wiedersehen in der 2. Bundesliga vergingen 14 Jahre.


Text: Thorsten Stegemann

Bild: Osnabrücks Trainer und Manager Hans-Dieter Schmidt © IMAGO / Rust