1968 feierte der 1. FC Nürnberg die neunte Meisterschaft seiner ruhmreichen Vereinsgeschichte. Doch ein Jahr später folgte das böse Erwachen: Als erster und bislang einziger deutscher Titelträger rauschten die Clubberer in die 2. Liga.
4:0 gegen den HSV und Werder Bremen, 5:1 gegen den VfB Stuttgart und ein unvergessenes 7:3 gegen den Erzrivalen von der Säbener Straße: In der Hinrunde der Saison 1967/68 dominierte der 1. FC Nürnberg die Bundesliga fast nach Belieben. Die Franken konnten zwar kein ausgesprochenes Starensemble ins Rennen schicken, doch der exzentrische Cheftrainer Max Merkel holte das Maximum aus seinen Schützlingen heraus – und vielleicht noch ein wenig mehr …
In zweiten Saisonteil lief es nicht mehr ganz so rund, doch die Clubberer retteten ihren Vorsprung über die Ziellinie. Am 33. Spieltag gewannen sie erneut gegen die Bayern (2:0) und sicherten sich damit die neunte und bis heute letzte Deutsche Meisterschaft. Tausende Fans warteten am Abend auf die Rückkehr ihrer Helden aus München, anschließend ging es über einen roten Teppich in die Nürnberger Altstadt.
Bauernkappelle oder Sinfonieorchester?
Dem überraschenden Triumph folgte der unerwartete Absturz: Die Nürnberger trennten sich von einem guten Dutzend Spieler – auch von absoluten Leistungsträgern wie Stürmer Franz Brungs, der in der Meister-Saison stolze 25 Tore erzielt hatte. Merkels kauzige Erklärung, er wolle aus einer Bauernkapelle nun ein Sinfonieorchester machen, wurde zwar misstrauisch aufgenommen, aber zunächst nicht ernsthaft infrage gestellt.
Doch aus den 13 Neuzugängen und den verbliebenen Nürnbergern wurde kein schlagkräftiges Team. In der Hinrunde gewannen die Franken nur vier Spiele, im März warf Merkel das Handtuch und wurde erst von seinem Assistenten Robert Körner und dann von Kuno Klötzer beerbt. Der Coach, der acht Jahre später mit dem HSV den Europapokal der Pokalsieger gewinnen sollte, hielt den Club bis zum letzten Spieltag im Rennen um den Klassenerhalt.
Am 7. Juni 1969 kam es dann zu einem nervenaufreibenden Showdown, als die vier Letztplatzierten in direkten Duellen aufeinandertrafen. Wäre Nürnberg in Köln ein Unentschieden gelungen, hätten beide das rettende Ufer erreicht und Dortmunds Heimspiel gegen Offenbach wäre praktisch bedeutungslos gewesen. Tatsächlich aber gewannen Köln und Dortmund mit 3:0 – für Nürnberg und Offenbach ging es in die 2. Liga.
Die Ursachenforschung führte zu vielerlei Spekulationen. War Max Merkel an diversen Ablösesummen beteiligt gewesen und hatte deshalb den Umbau der Mannschaft forciert? Und was war mit Nürnbergs Top-Torwart Jürgen Rynio, der nach der Saison ausgerechnet in Dortmund anheuerte? Bewiesen wurden die Vorwürfe nicht, es gab schließlich auch genügend hausgemachte Gründe.
In den seltenen Fällen, da amtierende Fußballmeister den Gang in die Zweitklassigkeit antreten mussten, spielten finanzielle Unregelmäßigkeiten allerdings immer wieder eine Rolle – so etwa beim AC Mailand (1980), bei Olympique Marseille (1994) oder Juventus Turin (2006).
Die Geschichte verzeichnet aber auch sportliche Totalabstürze. So wurde Manchester City 1937 englischer Meister. Ein Jahr später musste der Klub die City Football League First Division als Vorletzter verlassen. Ein solches Schicksal kann einen Verein sogar im Land der Ballzauberer ereilen. 2013 stieg mit Fluminense FC der amtierende brasilianische Meister in die 2. Liga ab.
Text: Thorsten Stegemann
Bilder: 1. FC Nürnberg