Tradition verbindet – zeitlich und räumlich. Unser neuer „Brückenschlag“ erzählt denkwürdige Fußballgeschichte(n) rund um die Lila-Weißen und ihre Gegner. Teil 3 blickt zurück auf den 2. Weihnachtsfeiertag 1952. Seit einem Tag gab es wieder Fernsehen und König Fußball spielte bereits eine Hauptrolle.
Am 25. Dezember 1952 nahm der NWDR den regulären Betrieb auf. Gesendet wurde von 20.00 bis 22.00 Uhr, doch gleich am nächsten Tag musste eine Ausnahme her. Denn das Stadion am Millerntor lag zwar direkt neben dem Studio, besaß aber noch keine Flutlichtanlage. So fand das erste Spiel, das live im offiziellen deutschen Fernsehen übertragen wurde, am Nachmittag statt.
Am Millerntor standen sich der damalige Erstligist FC St. Pauli und der zweitklassige SV Hamborn 07 in einem Wiederholungsspiel der 2. DFB-Pokalrunde gegenüber. Das Hinspiel in Duisburg war 1:1 (n.V.) ausgegangen, gerade einmal 4.000 Fans wollten die Neuauflage im Stadion sehen. Vor der Mattscheibe waren es möglicherweise noch weniger, weil nur rund 2.500 westdeutsche Haushalte überhaupt ein Fernsehgerät besaßen. Dafür versammelten sich umso mehr Zuschauer vor den einschlägigen Fachgeschäften.
Alles in allem wäre vermutlich ein überschaubarer Imageschaden entstanden, wenn nach der ersten auch noch die zweite und letzte verfügbare Kamera ausgefallen wäre. Doch das Material hielt durch und die Partie mauserte sich zu einem Schlagabtausch mit hohem Unterhaltungswert. Sieben Tore gab es am Ende zu bestaunen – exakt wie beim Probelauf zwischen dem Hamburger SV und Altona 93 (4:3), der bereits im August 1952 und damit vor dem offiziellen Sendestart durchgeführt worden war. Diesmal gewann allerdings der Underdog mit 4:3, Hamborn scheiterte dann aber im Viertelfinale an Alemannia Aachen.
Der VfL Osnabrück verpasste die Runde der letzten acht übrigens nach einem 0:2 beim späteren Pokalsieger Rot-Weiß Essen. Gegen Hamborn hatten sich Lila-Weißen in zwei Freundschaftsspielen 1951 ähnlich schwer getan wie St. Pauli. In Osnabrück gewann der VfL mit 4:2, in Duisburg hatten die Gastgeber mit 2:1 die Nase vorn.
Zuschauer und Fachpresse kamen nach den Feiertagen zu einer rundum positiven Bewertung des Live-Experiments. „Obgleich trübes Wetter herrschte, war der Empfang im Norden gut und der Spielverlauf ausgezeichnet zu erkennen“, lobte die „Bonner Rundschau“. Derweil zeigte sich der SPIEGEL überzeugt davon, dass „derartige Übertragungen“ eine „Attraktion des Programms“ werden könnten.
Das Nachrichtenmagazin behielt Recht. Als das erste Live-Spiel der Fernsehgeschichte 45 Jahre später wiederholt wurde, waren Sportübertragungen längst ein fester Teil der Programmgestaltung. Auch für den WDR, der 1997 mit der Neuauflage St. Pauli vs. Hamborn auf Sendung ging. Die Kiezkicker ließen dem unterklassigen Herausforderer diesmal keine Chance und gewannen klar mit 7:2.