Die Schrecken des Zweiten Weltkriegs lagen drei Jahre zurück, in kleinen Schritten begann so etwas wie Normalität in das Leben der Osnabrücker zurückzukehren. Im Juni 1948 brachte die Währungsreform die Deutsche Mark, im September wurde im Theater in der Blumenhalle Goethes „Faust“ gespielt und im Oktober fand das erste Steckenpferdreiten statt. Auch beim VfL ging es langsam bergauf.
Im Mai des Jahres hatten die Lila-Weißen ihre erste Saison in der neuen Oberliga Nord auf Platz 5 beendet. Dem Chefcoach Kurt Schmitt folgte nun Herbert Widmayer, der zu den ersten Absolventen des von Bundestrainer Sepp Herberger geleiteten Trainer-Lehrgangs gehörte. Widmayer sollte später mit dem 1. FC Nürnberg die Deutsche Meisterschaft und den DFB-Pokal gewinnen, war 1963 aber auch der erste Übungsleiter der Bundesliga-Geschichte, der seinen Stuhl räumen musste.
Beim VfL lief für Widmayer noch alles nach Plan. Er übernahm eine funktionierende Mannschaft, die durch Neuzugänge wie Heina Fiening und Hannes Haferkamp (beide Eintracht Osnabrück) erheblich verstärkt wurde. Die Saison fing spektakulär an – mit einem 6:1 gegen den Eimsbütteler SV. Anfang Dezember wurde der Bremer SV 7:0 vom Platz gefegt. Fünf der sieben Tore gingen allein auf das Konto von Wunderstürmer Addi Vetter, der seiner Mannschaft die Herbstmeisterschaft sicherte.
Einer stimmungsvollen Weihnachtsfeier stand also nichts im Wege. Im VfL-Museum findet sich ein Schreiben vom 23. Dezember 1948, in dem sich Spieler und Trainer bei einem Herrn Bundschuh für die großzügige Unterstützung der internen Festivität bedanken. Weiter heißt es:
Für uns Spieler der I. Mannschaft ist es ein erhebendes Gefühl zu wissen, dass wir eine treue Gefolgschaft nicht nur auf dem Sportplatz, sondern auch im täglichen Leben besitzen. Wir werden versuchen, im kommenden Sportjahr unseren Dank dadurch abzustatten, dass wir uns dieses Entgegenkommens würdig erweisen.
Unterzeichnet wurde der Brief von den VfL-Legenden jener Tage, u.a. von Heinz Flotho, Addi Vetter, Hannes Haferkamp, Heinz Hesse, Karl-Heinz Gehmlich und – oben links – Trainer Herbert Widmayer.
Nach Recherchen von Bernhard Lanfer, Leiter des VfL-Museums, handelt es sich bei dem Empfänger offenbar um Jos. Bundschuh. Er war Inhaber der Firma Franz Dorlars (Korb- und Kinderwagen), die er Anfang der 1930er Jahre übernommen und mit dem Haus in der Johannisstraße 5 gekauft hatte. Die nachfolgenden Werbekarten der Firma, die schon aus den Jahren 1919 und 1920 stammen, fand Lanfer in der Sammlung Helmut Riecken.
Zurück zum Versprechen der Mannschaft für das kommende Sportjahr: Die Herbstmeisterschaft konnten die Lila-Weißen am Ende zwar nicht veredeln, belegten aber mit nur einem Punkt Rückstand auf den Hamburger SV und den FC St. Pauli am Ende den dritten Tabellenplatz und hatten so noch einen Anlass mehr, um das 50. Vereinsjubiläum angemessen zu feiern.
Text: Thorsten Stegemann
Bilder: VfL-Museum / Sammlung Riecken