In der Vereinsgeschichte des TSV 1860 München nimmt er bis heute einen Ehrenplatz ein. Rudolf Brunnenmeier war einer der Helden der ruhmreichen 60er Jahre. Keiner schoss mehr Bundesliga-Tore für die Löwen, mit „seinem“ Klub wurde er Meister und Pokalsieger. Doch das Leben im Rampenlicht hatte auch seine Schattenseiten.

87 Tore in einer einzigen Saison: Mit dieser spektakulären Empfehlung wechselte Rudi Brunnenmeier 1960 vom SC Olching zum TSV 1860 München. Das Handgeld betrug stolze 17.000 DM, außerdem zahlten die Löwen ihrem Nachwuchsstürmer ein Grundgehalt von 400 Mark. Zuzüglich einer Siegprämie von 150 DM – und den Halbtagsjob bei Coca-Cola gab´s noch obendrauf.

Die Hoffnungen, die der Verein in ihn setzte, enttäuschte er nicht. Schon in der Oberliga Süd war Brunnenmeier ein absoluter Torgarant und trug mit 73 Treffern in 88 Spielen entscheidend dazu bei, dass die Löwen 1963 zu den Gründungsmitgliedern der Bundesliga gehörten.

Hier traf Brunnenmeier weitere 66 Mal ins Schwarze und war entscheidend an einigen der größten Erfolge der Vereinsgeschichte beteiligt. 1964 gewannen die „Sechzger“ den DFB-Pokal, ein Jahr später stießen sie bis ins Finale des Europapokals der Pokalsieger vor, wo sie West Ham United unterlagen. 1966 feierte das Team von Max Merkel dann den Gewinn der Deutschen Meisterschaft. Rudolf Brunnenmeier, der auch fünf Einsätze für die Deutsche Nationalmannschaft absolvierte, stand auf dem Höhepunkt seiner Karriere, doch mit dem Leistungsknick der Löwen begann auch sein Stern allmählich zu sinken.

1968 wechselte er in die Schweiz, spielte in Neuenburg und Zürich, später auch in Österreich, Liechtenstein und beim FC Tuttlingen. Doch der Ausnahmesportler sorgte zunehmend außerhalb des grünen Rasens für Schlagzeilen. Schon 1963 hatte er nach einer Wirtshausschlägerei eine zweiwöchige Haftstraße absitzen müssen, es folgten weitere Verurteilungen wegen Trunkenheit am Steuer und Urkundenfälschung. Der einstige Super-Star und Publikumsliebling kam vom Alkohol nicht mehr los. Er wurde Nachtclub-Manager, später Brezelverkäufer und Hilfsarbeiter.

Ganz zum Schluss, als er alleine und zurückgezogen in seiner kleinen Wohnung in Olching lebte, auf 35 Quadratmetern mit 1.300 Mark Arbeitslosenhilfe und natürlich auch dem Zuschuss, den ihm Franz Beckenbauer aus alter Verbundenheit allmonatlich überwies, da sagte Rudi Brunnenmeier noch: „Wäre ich 30 Jahre später auf die Welt gekommen, hätte ich Millionen auf meinem Konto. Aber man kann sich sein Leben nicht aussuchen, nur das Beste daraus machen.“
Florian Kinast in: „Abendzeitung“, 8. Januar 2020

Rudolf Brunnenmeier gelang das nicht mehr – und es darf auch bezweifelt werden, dass die Millionen seinem Leben eine andere Richtung gegeben hätten. Es wurde einsam um den einstigen Fußballhelden, doch als er 2003 im Alter von nur 62 Jahren starb, kamen mehrere tausend Gäste zu seiner Beerdigung. Da ihm ein Platz im Familiengrab verweigert wurde, erklärte sich zunächst 1860 München bereit, für seine letzte Ruhestätte zu sorgen. 2013 übernahm dann sein Großneffe Michael die Gebühren bis 2033. Auf dem Grabstein ist zu lesen: „Kapitän der Fußballnationalmannschaft, Europacup-Finalist im Wembleystadion und Torjäger der Münchner Löwen.“


Text: Thorsten Stegemann

Bild: IMAGO – Otto Krschak