In ihrer bald 124-jährigen Vereinsgeschichte waren die Lila-Weißen immer für Überraschungen gut. Doch am 26. Juli 1988 verblüffte Hartwig Piepenbrock selbst Kenner des Vereins. Nach einer 1:4-Niederlage bei der SpVgg Bayreuth setzte der ambitionierte Präsident Cheftrainer Anton Rudinski den Stuhl vor die Tür – in der Saison 1988/89 war gerade ein Spieltag absolviert.

Es war (und blieb natürlich auch) die schnellste Trainerentlassung der Zweitligageschichte. Doch die Trennung von Rudinski hatte eine längere Vorgeschichte. Im September 1987 war der ehemalige jugoslawische Nationalspieler, der mit Roter Stern Belgrad vier Meisterschaften gefeiert hatte, an die Bremer Brücke gekommen, um hier den sprichwörtlichen Start nach Maß hinzulegen. Nach zehn Spielen ohne Niederlage (neun davon unter der Regie Rudinskis) standen die Lila-Weißen auf dem vierten Tabellenplatz und ließen ihren Präsidenten einmal mehr vom Aufstieg in die Bundesliga träumen. Außerdem stießen die Osnabrücker beim seinerzeit überaus populären Hallen-Masters sensationell bis ins Halbfinale vor.

Doch nach der Winterpause lief nur noch wenig zusammen. Ganze vier Siege holte der VfL aus den verbleibenden 17 Spielen – schließlich mussten sich die Lila-Weißen mit Tabellenplatz 9 begnügen. Hinter den Kulissen kam es derweil zu erheblichen Unstimmigkeiten zwischen dem Cheftrainer und Leistungsträgern wie Paul Linz, der den Verein am Saisonende verließ. Piepenbrock begründete seine siebte Trainer-Entlassung denn auch nicht allein mit der deftigen 1:4-Niederlage in Bayreuth, sondern mit dem Verlauf der letzten sieben Monate, in denen man im Grunde nie zur Form der Vorrunde gefunden habe. Rätselhaft blieb freilich, warum der Vertrag mit dem Fußballlehrer noch Ende März bis 1989 verlängert worden war.

Seitenwechsel

Rudinski wurde am Dienstagmorgen telefonisch über seine Freistellung informiert, das anschließende Training leitete bereits sein Nachfolger Hans-Werner Moors. Ihn traf es im Rückspiel allerdings noch schlimmer, denn die Oberfranken gewannen an der Bremer Brücke sogar mit 5:1. Nur acht Monate später war Moors von Rolf Schafstall abgelöst worden – und der VfL musste sich erneut mit der SpVgg Bayreuth auseinandersetzen. Deren Trainer hieß mittlerweile Anton Rudinski, doch am Ausgang des Duells änderten die Wechsel an der Seitenlinie überhaupt nichts. Wieder gewann die Spielvereinigung, diesmal allerdings „nur“ mit 3:1.

Anton Rudinski, der vor seinem Engagement in Osnabrück bereits Waldhof Mannheim, die Freiburger Stadtrivalen SC und FC oder den FC Lugano trainiert hatte, war noch viele Jahre als Übungsleiter aktiv. 2010 übernahm er als 73-Jähriger für einige Monate den Bezirksligisten Fatihspor Spachingen, außerdem war er regelmäßig Gast beim FC 08 Villingen, wo seine Trainerkarriere 1972 begonnen hatte. In Villingen-Schwenningen starb der Fußballehrer am 7. Oktober 2017.


Text: Thorsten Stegemann
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