Als Holstein Kiel am 21. Januar 1951 an der Bremer Brücke gastierte, rechneten die meisten Fans der Lila-Weißen mit einem klaren Heimsieg ihres Teams. Schließlich war der VfL Tabellenführer der Oberliga Nord und galt spätestens nach dem spektakulären 3:3 am Hamburger Rothenbaum als aussichtsreicher Meisterschaftskandidat. Doch die Störche rechneten sich aus dem Verfolgerfeld ebenfalls noch Chancen auf eine gute Platzierung aus. Am Ende gab es keinen Sieger, aber mehr Tore als in jedem anderen der fast 100 Pflichtspiele zwischen Holstein Kiel und dem VfL Osnabrück.
Der herausragende Akteur der Gäste war mit beiden Städten und Vereinen eng verbunden. Helmut Knobloch (1922-96) lernte das Fußballspielen in Sachsen. Nach dem Zweiten Weltkrieg landete der Rechtsaußen in Kiel, heuerte dann bei Eintracht Osnabrück an, ehe es ihn nochmals an die Förde zog. Später ging Knobloch zur Eintracht zurück und wechselte schließlich zu den Lila-Weißen, für die er zwischen 1953 und 55 insgesamt 24 Punktspiele absolvierte. Mitte der 50er Jahre lief er für Tura Melle auf, ehe er seine Fußballschuhe ein letztes Mal für Eintracht Osnabrück schnürte.
An dem erwähnten Januarsonntag 1951 war Knobloch zum zweiten Mal in Diensten der Kieler Störche unterwegs und den Zuschauern wurde schnell klar, dass dieses Nordduell völlig anders laufen würde, als sie es sich vorgestellt hatten. Schon nach fünf Minuten lagen die Gäste mit 1:0 in Führung. Es folgte eine ganz Serie hochkarätiger Kieler Chancen, ehe Harry Karl in der 27. Minute auf 0:2 erhöhte. Nun erst wachten die Osnabrücker auf, drehten das Spiel dann aber innerhalb weniger Minuten. Addi Vetter traf erst per Foulelfmeter, dann ein zweites Mal nach Vorarbeit von Paul Irmen und Hansi Alpert, ehe Ewald Nienhaus eine Haferkamp-Flanke zum 3:2 verwandelte. Die Kieler ließ der furiose Zwischenspurt allerdings kalt. Noch vor der Pause nutzte Helmut Knobloch einen Abwehrfehler der Osnabrücker zum 3:3.
Nach dem Seitenwechsel machten beide Mannschaften da weiter, wo sie kurz zuvor aufgehört hatten. Helmut Knobloch markierte das 3:4 und bediente etwas später seinen Mannschaftskollegen Gerhard Schmidt, der für die vermeintliche Vorentscheidung sorgte. Doch die Lila-Weißen gaben sich nicht auf und kamen eine Viertelstunde vor Schluss durch den zweiten Treffer von Ewald Nienhaus noch einmal auf 4:5 heran. Als Addi Vetter sieben Minuten später tatsächlich den Ausgleich erzielte, war der Siedepunkt dieser Partie erreicht. Doch weder hüben noch drüben mochte man sich mit einem Unentschieden – und sei es ein noch so spektakuläres – zufriedengeben. Mit letzter Kraft kämpften Kieler und Osnabrücker um das jeweils sechste und vielleicht endlich entscheidende Tor. Doch an diesem Tag sollte kein weiteres mehr fallen.
Die Störche schoben sich auch dank dieses hart erarbeiteten Punktes noch knapp an den Lila-Weißen vorbei, die am Ende der Saison 50/51 doch nur auf Rang 4 einliefen. Für die Störche stand Platz 3 zu Buche, St. Pauli wurde Zweiter und Meister – wie fast immer – der Hamburger SV.
Text: Thorsten Stegemann
Bild: Bildmontage aus der Zeitschrift „Sport-Magazin“ vom 24. Januar 1951, VfL Museum