„Von Anfang an oben mitschwimmen!“ Die forsche Devise, die Präsident Hartwig Piepenbrock vor Beginn der Saison 1982/83 ausgegeben hatte, soll knapp eine Million DM gekostet haben. Für damalige Zeiten eine horrende Summe, die nicht nur in den Verbleib des begehrten Spielmachers Ralf Lehmann, sondern auch in gestandene Profis wie Erwin Kostedde (Werder Bremen), Guido Szesni (MSV Duisburg), Roland Gerber (Darmstadt 98) oder Rückkehrer Rolf-Peter „Buttje“ Rosenfeld (Hummelsbütteler SV) investiert wurde. Als zum Abschluss der Hinrunde Tus Schloss Neuhaus an der Bremer Brücke gastierte, hatten sich die großen Erwartungen allerdings bereits wieder in Luft aufgelöst. Nach 18 Spielen war der VfL Tabellenzwölfter.

Statt von Anfang an oben mitzuschwimmen, ging die Mannschaft von Carl-Heinz Rühl gleich am ersten Spieltag unter. Die Lila-Weißen kassierten eine deftige 0:4-Klatsche beim späteren Meister und Bundesliga-Aufsteiger Kickers Offenbach. Bis Weihnachten folgten acht weitere Niederlagen. Die Gäste aus Paderborn, die unter dem damaligen Vereinsnamen „TuS Schloss Neuhaus“ im letzten Spiel vor Weihnachten ihre Visitenkarte an der Bremer Brücke abgaben, hatten allerdings noch viel größere Probleme. Nach drei Siegen, drei Unentschieden, zwölf Niederlagen und einer Tordifferenz von -25 schwebten die Schützlinge des ehemaligen polnischen Nationalspielers Jan Liberda in höchster Abstiegsgefahr.

Eine Partie für Fußballästheten war unter diesen Umständen kaum zu erwarten, doch der müde Kick, der zu einem 1:1-Pausenstand nach zwei Foulelfmetern führte, erboste nicht nur die Fans und die Beobachter der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, die den Lila-Weißen „Altherrentempo“ vorwarfen. Auch Fußballlehrer Rühl platzte der Kragen. In der Kabine drohte er seinem namhaften Ensemble, das gerade noch mit dem Darmstädter Uwe Beginski verstärkt worden war, die Streichung des Weihnachtsurlaubs an.

Nur vier Minuten nach Wiederanpfiff zeigte die Strafpredigt Wirkung. Roland Gerber brachte den VfL mit 2:1 in Führung, und dann wartete Publikumsliebling Erwin Kostedde mit einem sehenswerten Versöhnungsgeschenk auf. Sein Flugkopfball sicherte dem VfL in der 65. Minute einen Heimsieg, der die Hoffnung auf eine bessere Rückrunde im Jahr 1983 schürte.

Doch die Optimisten wurden am Ende enttäuscht. In der Hinrunde hatten die Lila-Weißen 19:19 Punkte eingefahren – die Bilanz des zweiten Saisonteils sah exakt genauso aus. Zu den sportlichen Rückschlägen kamen Querelen hinter den Kulissen, die zur Abmahnung von mehreren Spielern, zu Kündigungen und deren Rücknahme führten.

Für die Schlossherren nahm die Saison 1982/83 ebenfalls kein gutes Ende. Von den 38 Spielen konnten sie nur sieben für sich entscheiden und mussten deshalb den Gang in die drittklassige Oberliga Westfalen antreten. Sie kehrten erst als „SC Paderborn 07“ in den Profifußball zurück.


Text: Thorsten Stegemann

Bild: Die VfL-Hoffnungen im Juli 1982: Michael Wirtz, Thomas Funke, Trainer Carl Heinz Rühl, Willi Brocks und Roland Gerber (hintere Reihe von links); Norbert Elgert, Guido Szesni, Erwin Kostedde und Michael Fähmel (vordere Reihe von Links) © IMAGO / Rust