Morgen steht das Pokalfinale an: Der SC Freiburg trifft im Berliner Olympiastadion auf Rasenballsport Leipzig. Wir als VfL Osnabrück schauen gespannt, aber auch wehmütig nach Berlin und drücken dem Verein SC Freiburg die Daumen und hoffen, dass sie als DFB-Pokalsieger vom Feld gehen.
Wehmütig schauen wir nach Berlin, weil die Finalteilnahme des SC Freiburg uns nochmals an den Abend des 26. Oktober erinnert, wo wir in der zweiten Runde des diesjährigen DFB-Pokals dem SC einen großartigen Pokalfight geliefert haben. Dieses Spiel ist in dieser Form nur an wenigen Orten in Deutschland möglich, für genau diese besondere Atmosphäre steht aber unsere Bremer Brücke. Die Mannschaft hatte den Sportclub am Rand der Niederlage. Nach 120 Minuten stand es 2:2, im Elfmeterschießen musste sich der VfL geschlagen geben. Gegen den DFB-Pokalsieger ausgeschieden zu sein, wäre daher ein kleiner, ein später Trost. Die Wehmut ist aber auch groß, weil wir solche Spiele in der nächsten Saison nicht an der Bremer Brücke erleben dürfen.
In den letzten Wochen ist rund um das Pokalfinale eine Diskussion entbrannt, die sich um den abgelehnten, gemeinsamen Begegnungsschal drehte. Nicht nur wegen des nicht realisierten Begegnungsschals, sondern auch aufgrund des morgigen Spielgegners, drücken wir dem SC Freiburg die Daumen.
Man kann (sollte und muss) stets kritisch hinterfragen, ob solche Schals anlässlich solcher Spiele überhaupt angebracht sind. Ein Begegnungsschal mit Rasenballsport hat hier aber eine ganz andere Dimension und die klare Haltung, die der SC Freiburg im Vorfeld des Finals in dieser Frage an den Tag gelegt hat, verdient großen Respekt. Und verdient aus unserer Sicht viel mehr Respekt, als den, den die Leipziger für sich immer wieder medial und lautstark einfordern, dabei aber meist verkennen (oder negieren), worum es bei der Kritik am „Konstrukt Rasenballsport“ eigentlich geht. Denn: ja und uneingeschränkt muss man auch Respekt davor haben, welche sportlichen Leistungen das Konstrukt mit ihrer Profimannschaft in den letzten Jahren gezeigt haben, für die aufgebauten Strukturen und den sportlich-inhaltlichen Weg. Da ist RB an vielen Stellen Vorreiter und viele andere Klubs und Akteure können von RB lernen.
Doch man muss den Respekt für diese sportlichen Leistungen von den Umständen der Klubentstehung trennen: Rasenballsport konnte diesen Weg gehen, weil das Konstrukt mit viel Geld des Konzerns „Red Bull“ alimentiert wurde. Folglich ist Rasenballsport eben auch kein „normaler“ Fußballklub, der als Folge guter und kontinuierlicher Arbeit Erfolg hat, wie es prototypisch der SC Freiburg ist. Daher kann Rasenballsport auch weiterhin davon sprechen, dass einige Spieler des heutigen Kaders schon zu Zweit- oder Drittligazeiten für den Klub spielten. So faktisch richtig das ist, so sehr verkennt auch dies, dass diese Spieler mit viel Geld angeworben wurden. Mit Geld, das nicht zuvor operativ „im Fußball“ verdient wurde, sondern durch einen Konzern investiert wurde, um den Fußball als Plattform für die eigene Marke „Red Bull“ zu nutzen.
Dass der professionelle Sport nicht erst mit dem Engagement von Jägermeister auf dem Trikot von Eintracht Braunschweig kommerziell geworden ist, steht dabei außer Frage. Die neue, die andere Dimension bei Rasenballsport besteht darin: Auslöser der gesamten Klubidee und Klubentwicklung war der Konzern. Name, Logo, Auftritt, Inhalt – alles ist aus der Marke “Red Bull” abgeleitet und dient dem Zweck, die Verbindung mit der Marke zu dokumentieren und die Marke zu kapitalisieren. Anders als andere Vereine stand nicht die Förderung des Miteinanders und des Sports im Fokus, war nicht Gemeinnützigkeit Gründungsgedanke und waren nicht die Werte des Sports Pate für die Entwicklung – sondern die Förderung der Marke „Red Bull“ und der Werte der Marke “Red Bull”. Der Fußball war Instrument und Mittel, nicht umgekehrt waren externe Geldgeber Mittel zur Entwicklung des Fußballklubs.
Vor allem hat es “Red Bull” aber geschafft, die Idee der Teilhabe von Mitgliedern zu verhindern und auszubremsen. Die „Hülle“ des eingetragenen Vereins ist bei Rasenballsport eben nur eine solche, Mitbestimmung ist weder gewollt noch vorgesehen.
Und wichtig ist dabei auch: Es geht nicht um die Diskussion „Tradition gegen Kommerz“. Auf diese Ebene wird die Diskussion, wird die Kritik von den Verantwortlichen von „Red Bull“ gerne gehoben, um vom Kern abzulenken. Aber Tradition ist kein Wert an sich und Kommerz ist für jeden Klub notwendige Nebenbedingung für die Teilnahme an sportlichen Wettbewerben
Es geht schlussendlich darum, welche „Idee vom Fußball“ man präferiert. Das Konstrukt Rasenballsport steht für eine „Idee von Fußball“, die konträr ist zu den Überzeugungen vieler Menschen steht. In denen Teilhabe zumindest möglich ist. In denen nicht die rein kommerziellen Interessen vorherrschend sind, sondern auch der Spaß am Spiel und die Gleichheit von Wettbewerbschancen.
Dazu wünschen wir uns die Leidenschaft, die sich bei Aufstiegen von Schalke 04 oder Werder Bremen in großer Emotionalität nach vorheriger Leidenszeit Bahn bricht, wo diese Vereine in großer Zahl auch auswärts begleitet werden, wie es bei Eintracht Frankfurt auf dem Weg zum Triumph von Sevilla der Fall war.
Wir drücken dem SC Freiburg daher für das Pokalfinale die Daumen. Und sollte die Mannschaft aus Leipzig das Finale gewinnen, dann gratulieren wir ohne Groll und mit Anerkennung für die sportliche Leistung.
Dr. Michael Welling & Holger Elixmann