„Ich werde diese grausame Nacht niemals vergessen. Wir wohnten in der Katharinenstraße 21. Die Wohnung war taghell erleuchtet durch die brennende Synagoge in der Rolandstraße. Mein Bruder und ich hatten furchtbare Angst, weil auf der Straße eine Menschenmenge stand und manche Leute schrien, man solle meinen Vater an der Laterne aufhängen. Meine Mutter weinte und niemand wusste, wohin man meinen Vater brachte.“

Diese markerschütternden Worte aus den Erinnerungen von Regina Hermanns vom 9. November 1938 zeigen auf eindringliche Weise, dass der Antisemitismus und die Judenverfolgung in Deutschland nicht im Verborgenen stattfanden. Auch in Osnabrück brannte in dieser Nacht die Synagoge, es wurden Geschäfte geplündert, Menschen geschlagen und verschleppt und zahllose Kinder traumatisiert.

An diesem Tag, 85 Jahre nach dem grausamen Geschehen der Pogromnacht gedenken wir allen zur Zeit des Nationalsozialismus verfolgten und getöteten Menschen und ganz besonders denen, die aus unserer Heimatstadt ausgegrenzt, diffamiert und schließlich oft auch deportiert und ermordet wurden.

Gleichzeitig sind unsere Gedanken bei all den Menschen, die häufig als Nachkommen der Überlebenden der nationalsozialistischen Judenverfolgung heute im Nahen Osten erneut Hass, Krieg und gewaltsamer Verfolgung ausgesetzt sind sowie bei allen, die ebenfalls unter menschenverachtendem Terrorismus, Krieg und Verfolgung leiden.

Die Geschehnisse der Geschichte sind für uns nicht nur eine Erinnerung. Sie mahnen uns in vielerlei Hinsicht. In diesem Fall besonders dazu, dass auch der Sport innerhalb unserer Zivilgesellschaft eine Verantwortung trägt und seine Stimme erheben muss, wann immer Unrecht geschieht. Das Schweigen, die Zustimmung und der Gehorsam der Vergangenheit dürfen sich nicht wiederholen – daran erinnert uns nicht zuletzt, dass mit Felix Löwenstein mindestens ein Mitglied unseres Vereins dem Holocaust zum Opfer fiel. Dieser wurde am Tag nach den Pogromen erstmals „in Schutzhaft“ genommen und wie etwa 80-90 weitere jüdische Männer aus Osnabrück in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. In den folgenden Tagen waren bereits drei von ihnen nach Misshandlungen durch die Wachmannschaften verstorben.


Text: Bündnis TLVE/David Kreutzmann

Foto: Die zerstörte Osnabrücker Synagoge am 10. November 1938, Foto: Nachlass Karl Ordelheide, NLA OS, Erw A 45, Akz. 2009/15 Nr. 103