Nach der vergangenen Länderspielpause geht es für die Mannschaft von Cheftrainer Pit Reimers zum Derby am Sonntag in die SchücoArena nach Bielefeld (Anpfiff: 16:30 Uhr). Dort wartet ein Team, welches viel in ihr eigenes Spiel investiert und vor allem dank ihrer herausragenden Defensivarbeit gut in die Saison gestartet ist. Der Vorbericht. 

Der Gegner
Der Deutsche Sportclub Arminia Bielefeld wurde am 3. Mai 1905 im Keller des Alten Rathauses in Bielefeld gegründet. Zwei Wochen später spielte man dann schon die erste Partie der Vereinsgeschichte gegen eine Mannschaft aus Osnabrück. Im Jahre 1970 schaffte man erstmalig den Aufstieg in die Bundesliga. Dort konnte man sich zwei Jahre halten, bevor man 1972 den Gang zurück in die damals zweitklassige Regionalliga West antreten musste. In den Folgejahren entwickelte man sich auf Grund der vielen Auf- und Abstiege zu einer klassischen Fahrstuhlmannschaft. Die beste Platzierung in der Bundesliga erreichte man in den Saisons 82/83 und 83/84, in denen man zweimal hintereinander den achten Platz erreichen konnte. Die meisten Jahre der Vereinshistorie verbrachte man allerdings in der zweiten Bundesliga. Nachdem man 2020 wieder einmal den Aufstieg in die Bundesliga feierte, musste man von 2022 bis 2023 innerhalb eines Jahres zwei Abstiege hintereinander hinnehmen und spielt seit der Saison 23/24 in der dritten Liga.

Trainer von Arminia Bielefeld ist Mitch Kniat. Der 38-Jährige begann seine Trainerkarriere beim Blumenthaler SV und landete nach Stationen beim SC Paderborn II und dem SC Verl im Juli 2023 in Bielefeld. Nach einer durchwachsenden ersten Saison, in der man, nach dem Abstieg in die dritte Liga, erst spät den Klassenerhalt sicher machen konnte, ist seine Mannschaft in die bisherige Saison besser gestartet. Mit 15 Punkten steht man aktuell auf dem siebten Tabellenplatz.

Arminia Bielefeld gehört mit seinen bisher neun erzielten Saisontoren zu den offensivschwächsten Teams der Liga. Bemerkenswert ist trotzdem, dass das Team von Mitch Kniat schon neun verschiedene Torschützen vorweisen kann. Kein Spieler traf in dieser Saison also doppelt. Auch bei den Vorlagen zeigen sich die Ostwestfalen variabel, denn sieben verschiedene Spieler trugen sich bisher als Vorlagengeber in die Spielberichte ein. Im Vergleich zum DSC gibt es in diesen beiden Kategorien beim VfL zwei Spieler, die herausstechen. So konnte Chance Simakala bereits vier Saisontore erzielen, während Erik Engelhardt mit vier Vorlagen der erfolgreichste Torvorbereiter im Team der Lila-Weißen ist.

Die Defensive ist dagegen das Prunkstück der Bielefelder. Mit nur acht Gegentoren stellt man zusammen mit Sandhausen die beste Defensive der Liga. Ansonsten zeigten sich die Ostwestfalen in der bisherigen Saison als spielerisch starke Mannschaft. Mit einem durchschnittlichen Ballbesitz von 57,58% ist man das ballbesitzstärkste Team der Liga. Außerdem kann man auch in den Laufwerten Ligabestwerte nachweisen. Mit insgesamt 1090,51 gelaufenen Kilometern, sowie den meisten absolvierten Sprints und intensiven Läufen führen sie diese Statistiken ebenfalls im Ligavergleich an.

Taktisch stellte Kniat bislang in fast allen Spielen ein offensives 4-3-3 auf.  Ein Schlüsselspieler für die Bielefelder ist Rechtsverteidiger Christopher Lannert. Der 26-Jährige hat bereits 41 Flanken aus dem Spiel geschlagen- mehr als jeder andere Spieler.  Auffällig ist, dass Bielefelds Spiel auf Flanken ausgelegt ist. Denn auch Linksverteidiger Louis Oppie brachte bislang 21 Flanken in die gefährliche Zone. Dennoch sind es nicht die großgewachsenen Neuzugänge im Sturmzentrum wie André Becker (1,97m) oder Julian Kania (1,93m), die die meisten Torschüsse im Bielefelder Kader vorweisen können. Mit Kapitän Mael Corboz und Marius Wörl sind es zwei Mittelfeldspieler, die mit jeweils 16 Torschüssen die meisten Torschüsse abgegeben haben. Aber auch die Außenverteidiger selbst suchen häufig den Abschluss. Louis Oppie konnte einen seiner bislang 14 Versuche im Tor unterbringen, Christopher Lannert dagegen muss nach 10 Torschüsse, diese Saison noch auf seinen ersten Torerfolg warten.

Ein ebenfalls wichtiger Akteur im Bielefelder Spiel ist Maximilian Großer. Der 23-Jährige Innenverteidiger stand in jedem Ligaspiel in der Startelf und ist nicht nur für die stabile Defensive verantwortlich, sondern auch ein wichtiger Bestandteil des Bielefelder Aufbauspiels. 601 Pässe spielte der gebürtige Dresdener bereits und liegt damit im Ligavergleich auf Platz drei der Statistik. Dabei kann er eine beachtliche Passquote von 89,85% vorweisen.

Die Ausgangslage
Während der VfL auf Grund des Sieges gegen Stuttgart II sich mit einem Erfolgserlebnis in die vergangenen Länderspielpause verabschiedete, mussten sich die Bielefelder bei ihrem Gastspiel in Saarbrücken mit einem 0:0 zufriedengeben. Trotzdem ist die Lage bei den Ostwestfalen deutlich entspannter als beim VfL. Mit Platz sieben und insgesamt 15 Punkten ist man in Schlagdistanz zu den Aufstiegsrängen, welche man mit einem Sieg im Derby wieder erreichen könnte. Auf der anderen Seite könnte der VfL im Falle eines Derbysiegs die Abstiegsränge verlassen. Auf den ersten Nicht-Abstiegsplatz ist es derzeit nur ein Punkt Abstand.

Für Pit Reimers wird es das erste Pflichtspiel gegen Arminia Bielefeld sein. Sein Gegenüber spielte sowohl als Spieler, als auch als Trainer jeweils dreimal gegen den VfL Osnabrück. Dabei musste sich Mitch Kniat fünfmal geschlagen geben und konnte nur einmal gegen die Lila-Weißen gewinnen. Als Akteur des BSV Kickers Emden stand er für 20 Minuten auf dem Feld, als man im November 2005 mit 4:0 gegen den VfL und den damaligen Cheftrainer Claus-Dieter Wollitz gewann.

Wenn am Sonntag ab 16:30 Uhr der Ball in der SchücoArena läuft, treffen einige Akteure auf ihren jeweiligen Ex-Verein. Erst im vergangenen Sommer wechselte Lukas Kunze, nach drei Jahren beim VfL, zu Arminia Bielefeld. Der in Bielefeld geborene Kunze konnte sich auf Anhieb durchsetzen und stand in allen neun Ligapartien bisher in der Startelf. Auf der Gegenseite treffen Niklas Wiemann, Bashkim Ajdini und Robert Tesche auf ihren Ex-Verein. Wiemann spielte nur in seiner Jugend bei den Ostwestfalen und bestritt daher kein Pflichtspiel für die Profis. Bashkim Ajdini dagegen war von 2011 bis 2015 für den DSC tätig und kann auf insgesamt 96 Spiele für die Profis und die Zweitvertretung der Bielefelder zurückblicken. Robert Tesche feierte im Trikot der Bielefelder nicht nur sein Profi-, sondern auch gelichzeitig sein Bundesligadebüt. Am 30. März 2007 stand der damals 19-Jährige gegen Borussia Dortmund von Beginn an auf dem Platz. Während Wiemann und Tesche noch kein Derby für den VfL spielen durften, musste Ajdini in zwei Partien ein Unentschieden und eine Niederlage gegen die Bielefelder hinnehmen. Am Sonntag könnten die Ex-Bielefelder also erstmals einen Sieg in der persönlichen Derby-Bilanz verbuchen.

Die Bilanz
Insgesamt trafen die beiden Vereine in 35 Pflichtspielen aufeinander. In diesen Begegnungen konnte der VfL sechs Mal als Sieger vom Platz gehen, während es 15-mal zu einem Unentschieden kam und 14 Niederlagen aus Sicht der Lila-Weißen zu verzeichnen sind. Das letzte Aufeinandertreffen fand am 17. Mai 2020 statt und endete mit einem 1:1-Unentschieden. Aufgrund der damaligen Corona-Auflagen musste die Partie unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Die meisten Spiele zwischen beiden Teams (insgesamt 14) fanden in der zweiten Bundesliga statt. Darüber hinaus trafen die Mannschaften auch sechs Mal in der dritten Liga aufeinander.

Wann sich die allererste Begegnung zwischen den beiden Vereinen ereignet hat, ist auf Grund von unterschiedlichen Quellen nicht ganz sicher. So soll sich die erste Begegnung vor genau 100 Jahren in der Spielzeit 1924/25 ereignet haben, als sich die beiden Mannschaften in der Bezirksliga Westfalen gegenüberstanden. Andere Quellen datieren die erste Begegnung ein paar Jahre später auf den 7. Februar 1932. An diesem Tag spielte man den Sieger des Westfalenpokals aus. Das Finale verlor der VfL allerdings mit 1:3. Bis zum Zweiten Weltkrieg wurden die Osnabrücker Vereine aufgrund der räumlichen Nähe häufig den westfälischen Spielklassen zugeordnet. Begegnungen zwischen dem DSC und dem VfL nach dem Krieg ließen aufgrund der geänderten Zuordnungspraxis bis 1970 auf sich warten und fanden dann wie erwähnt hauptsächlich im Rahmen der zweiten Bundesliga oder dritten Liga statt.

Das Personal  
Bei den Gastgebern fallen mit Semi Belkahia (Knie-OP), Marius Wörl (Gesichtsfraktur) und Jeredy Hiltermann (Fußverletzung) drei Spieler für die Partie am Sonntag aus.

Pit Reimers dagegen kann aus den vollen schöpfen. Einzig bei Lion Semic steht noch ein kleines Fragezeichen, ob er es in den Spieltagskader schafft. Der 21-Jährige konnte am Freitag zwar wieder voll ins Mannschaftstraining einsteigen, dennoch wird noch abgewartet, ob ein möglicher Einsatz am Sonntag noch zu früh kommen könnte.

Stimmen zum Spiel
Durch die Länderspielpause hatte der VfL viel Zeit, um sich auf das Derby vorzubereiten. Cheftrainer Reimers blickt auf die Vorbereitung aufs Derby: „Wir haben eine intensive Trainingswoche hinter uns, gerade zum Wochenstart haben wir nochmal den Fokus vor allem auf unser Spiel gelegt und wirklich fünf intensive Einheiten hinter uns gebracht. In den letzten beiden Tagen ging es dann auch um den Gegner und in die Vorbereitung auf das Spiel. Die Jungs sind motiviert, sie sind konzentriert und haben aber auch gleichzeitig die nötige Lockerheit, insofern bin ich optimistisch.“

Taktisch sieht der 40-Jährige eine Änderung der Bielefelder Taktik im Vergleich zur letzten Saison und merkte vor allem die höhere Intensität des Bielefelder Spiels an: „Im Vergleich zur letzten Saison spielt Bielefeld zielstrebigeren Fußball. Sie wollen schneller zum Tor, schneller Bälle heiß machen und auch in der Box eine höhe Präsenz haben. Aber darauf sind wir vorbereitet und ich hoffe, wir kriegen alles wegverteidigt.“

Also ein normales Spiel für den Trainer? Reimers: „Von der inhaltlichen Planung ist es eine normale Gegnervorbereitung. Aber gerade auf emotionaler Ebene ist es schon was Besonderes für jeden Osnabrücker, in Bielefeld zu spielen. Für mich ist es auch wichtig, wieder ein gutes Zusammenspiel zu haben mit unseren Fans. Wir wollen dafür sorgen, dass die in der Kurve merken, dass wir da sind, wir alles geben und wir punkten wollen.“

TV und Radio
Der Pay-TV-Sender MagentaSport überträgt die Partie ab 16:15 live. Das Liveradio der Lila-Weißen meldet sich kurz vor Anpfiff unter www.vfl.de/liveradio. 


Text: Jendrik Greiwe
Foto: osnapix