Am Sonntagnachmittag erwartet der VfL Osnabrück mit Rot-Weiss Essen einen Mitkonkurrenten im Abstiegskampf der 3. Liga (Anpfiff: 16:30 Uhr). Auf beiden Seiten werden dabei neue Gesichter auf den Trainerbänken Platz nehmen. Es wird also ein hitziges Duell an der Bremer Brücke erwartet. Der Vorbericht.
Der Gegner
Rot-Weiss Essen wurde am 1. Februar 1907 zunächst unter dem Namen SV Vogelheim gegründet. Nach mehreren Zusammenschlüssen mit anderen Vereinen lautet der Name des Vereins seit 1923 Rot-Weiss Essen. Zu den größten Vereinserfolgen gehören der Gewinn des DFB-Pokals im Jahre 1953, sowie der Deutschen Meisterschaft 1955. Die erfolgreichste Zeit der Vereinshistorie erfolgte also in den 1950er Jahren. Nach dem Sieg der Meisterschaft qualifizierte man sich außerdem als erster deutscher Verein in der Saison 1955/56 für den Europapokal der Landesmeister, schied jedoch bereits in der ersten Runde gegen den schottischen Vertreter Hibernian Edinburgh aus.
In der Gegenwart ist man von solchen Ereignissen ein Stück weitentfernt. Jahrelang pendelte man zwischen der Zweit- und Drittklassigkeit und konnte letztmals 1977 in der Bundesliga spielen. Nachdem man in den späten 90er und frühen 2000er Jahren mehrmals knapp der Insolvenz entging, konnte man diese im Jahre 2010 endgültig nicht mehr verhindern. Zur Aufrechterhaltung des Spielbetriebs fehlten zwei Millionen Euro, sodass der Vorstand im Juni 2010 entschloss, in der kommenden Saison in der fünftklassigen NRW-Liga anzutreten. In der fünften Liga formierte sich der Verein neu und konnte am Ende mit 71 Punkten aus 32 Spielen souverän den Wiederaufstieg feiern. Daraufhin folgten elf lange Jahre in der Regionalliga West. Nachdem man in den Saison 2019/20 mit dem dritten und der Saison 2020/21 mit dem zweiten Platz knapp den Aufstieg verpasste, war es 2022 endlich so weit. Nur aufgrund des drei Tore besseren Torverhältnisses stieg RWE punktgleich vor Preußen Münster in die 3. Liga auf. Mit Jakob Golz, José-Enrique Ríos Alonso, Mustafa Kourouma, Thomas Eisfeld und Nils Kaiser waren damals schon fünf Akteure am Aufstieg beteiligt, die auch heute noch für die Rot-Weißen auflaufen.
Mit dem Aufstieg in die dritte Liga übernahm Christoph Dabrowski das Traineramt bei den Essenern und führte diese in den ersten beiden Saisons auf den 15. und siebten Tabellenplatz. Zusätzlich gewann er 2023 und 2024 zweimal den Niederrheinpokal und sicherte somit auch die Teilnahme am DFB-Pokal. Der 46-Jährige war als Spieler für Werder Bremen, Arminia Bielefeld, Hannover 96 und dem VfL Bochum aktiv und startete seine Trainerkarriere bei den Hannoveranern im Jahre 2013. Nachdem er die ersten Schritte als Co- und Cheftrainer im Jugendbereich der Niedersachsen absolvierte, wurde er im Dezember 2021 zum Cheftrainer der Profis befördert und stand dabei in 21 Spielen an der Seitenlinie. Daraufhin zog es ihn im Juli 2021 im direkten Anschluss zu den Essenern. Nachdem Dabrowski seine Mannschaft in der laufenden Saison in 17 Spielen zu nur vier Siegen coachen konnte und man von den letzten acht Spielen nur eins gewann, zog die Vereinsführung am Montagvormittag die Reisleine und entließ den Deutsch-Polen von seinem Amt.
Am Donnerstagvormittag stellte der Verein dann mit Uwe Koschinat seinen neuen Cheftrainer vor. Damit kehrt der 53-Jährige direkt im ersten Spiel seines neuen Vereins an seine alte Wirkungsstätte zurück. Koschinat hatte die Osnabrücker als Cheftrainer in die laufende Saison geführt, musste diese aber nach dem enttäuschenden Saisonstart nach sechs Spieltagen wieder verlassen. Am Sonntag trifft er also bereits nach 84 Tagen auf viele bekannte Gesichter.
Wenn am Sonntag die Partie um 16:30 Uhr angepfiffen wird, werden neben Uwe Koschinat auch zwei weitere ehemalige Osnabrücker an der Bremer Brücke zu Gast sein. Während Thomas Eisfeld nur in jungen Jahren für den VfL kickte und bereits 2005 im Alter von zwölf Jahren zu Borussia Dortmund wechselte, kehrt mit Ahmet Arslan ein Akteur mit größerer lila-weißer Vergangenheit an die Bremer Brücke zurück. Der 30-Jährige spielte von 2016 bis 2018 zwei Jahre für den VfL und feierte in 57 Partien sieben Torbeteiligungen für die Osnabrücker.
Die Ausgangslange
Mit Rot-Weiss Essen ist am Sonntag die zweikampfstärkste Mannschaft der 3. Liga an der Bremer Brücke zu Gast. 52,4% der Zweikämpfe konnten die Essener bisher für sich entscheiden. Aber auch die Osnabrücker müssen sich in dieser Statistik nicht verstecken. Mit einer Zweikampfquote von 51,3% steht man nur knapp hinter RWE auf Platz drei im Ligavergleich. Ebenfalls im oberen Bereich der Liga stehen die Essener in der Torschussstatistik. Schon 256-mal zielten die Rot-Weissen in der laufenden Saison auf das gegnerische Tor. Jedoch waren diese nur selten von Erfolg gekrönt. 21 Tore konnte man derzeit verzeichnen. Zudem stellt die Defensive die Essener vor große Probleme. RWE-Torwart Jakob Golz bekam in der laufenden Saison bereits 275 Schüsse auf sein Tor. Nur die Zweitvertretung von Borussia Dortmund ließen bislang mehr Schüsse zu. Trotz einer starken Abwehrquote von 67,7% des Torhüters kassierten die Essener bislang 30 Gegentore und stellen damit die drittschlechteste Defensive der Liga.
In der Essener Offensive sorgt dagegen Ahmet Arslan für Gefahr. Der Sommerneuzugang, der ablösefrei vom 1. FC Magdeburg nach Essen kam, konnte in dieser Saison bereits vier Tore selbst erzielen und vier weitere vorbereiten. Zudem kann er auch die meisten Torschüsse (51) in seinem Team vorweisen und steht mit dieser Anzahl zeitgleich auch im Ligavergleich auf dem dritten Platz. Bemerkenswert ist dabei, das nur 15 seiner Torschüsse innerhalb des Strafraums erfolgten. Ebenfalls für Essener Torgefahr sorgte in dieser Saison bereits Leonardo Vonic. Der 21-Jährige traf in dieser Saison viermal, wobei bei seinen beiden Toren gegen Alemannia Aachen und Hannover 96 II Ahmet Arslan die Vorlage lieferte. Vonic ist im Gegensatz zu Arslan ein klassischer Strafraumstürmer und feuerte von seinen insgesamt 28 Torschüssen 26 innerhalb des gegnerischen Strafraums auf das Tor.
Für Gefahr im gegnerischen Strafraum sorgt beim VfL unter anderem Niklas Niehoff. Der Außenbahnspieler ist zwar selbst weniger im Sechzehner zu finden, sorgt aber oftmals dafür, dass der Ball in der Gefahrenzone landet. Schon vierzigmal lieferte der 20-Jährige Flanken aus dem laufendem Spiel und konnte dabei 42,5% an einen seiner Mitspieler bringen. Damit liefert die Leihgabe von Holstein Kiel einen Topwert unter den Flankengebern der Liga ab. Kein anderer Spieler aus den Top 20 der Statistik kann eine solche Erfolgsquote vorweisen.
Nachdem die Essener nach der 0:3-Niederlage gegen den TSV 1860 München am vergangenen Spieltag ihren Trainer entließen, zogen auch die Osnabrücker nach der 0:2-Pleite beim FC Viktoria Köln die Reißleine und entließen nach zuletzt acht sieglosen Partien sowohl den Geschäftsführer Sport Philipp Kaufmann als auch das Trainerteam rund um Pit Reimers. Als Nachfolger auf der Trainerposition präsentierte Michael Welling, der nach Kaufmanns Entlassung nun wieder mehr Verantwortung im sportlichen Bereich übernimmt, am Donnerstagabend den drittligaerfahrenden Marco Antwerpen. Der 53-Jährige stand bereits in 152 Drittligaspielen als Cheftrainer an der Seitenlinie und rettete unter anderem den SV Waldhof Mannheim in der vergangenen Saison vor dem Abstieg in die Viertklassigkeit. Selbiges hat Antwerpen nun auch mit den Osnabrückern vor.
Die Bilanz
Das Duell zwischen den beiden Traditionsvereinen gab es bereits 41-mal. Zwölfmal konnten die Lila-Weißen dabei den Platz als Sieger verlassen. In 16 Spielen gewannen die Essener. In den restlichen 13 Partien trennte man sich mit einem Remis. Das allererste Duell fand bereits vor 72 Jahren statt. In der Deutschen Meisterschaft traf man vor 32.500 Zuschauern im Mai 1952 an der Bremer Brücke aufeinander. Dabei konnte der VfL die Partie mit 3:2 für sich entscheiden. Das letzte Heimspiel gegen die Essener konnten die Osnabrücker ebenfalls für sich entscheiden. Am 9. September 2022 gewann man dank des Treffers von Chance Simakala mit 1:0.
Das Personal
Bei RWE fallen Nils Kaiser (Innenbandriss), Manuel Wintzheimer (Syndesmosebandriss) und Ekin Celebi (Oberschenkelverletzung) verletzt aus. Nachdem José-Enrique Ríos Alonso die fünfte gelbe Karte und Tobias Kraulich die rote Karte im Spiel gegen den TSV 1860 München sahen, müssen die Essener auch auf die beiden Innenverteidiger am Sonntag verzichten.
Beim VfL muss Kapitän Timo Beermann weiterhin seine Rotsperre aussitzen und fällt für das Spiel gegen Rot-Weiss Essen aus.
Stimmen zum Spiel
Der neue RWE-Trainer Uwe Koschinat warnte vor der Partie am Sonntag trotz der aktuellen Tabellensituation vor der Qualität seines Ex-Teams. „Insgesamt ist es aus meiner Sicht eine Truppe, die insgesamt in der Achse aus sehr viel Zweitligaerfahrung besteht und ehrlicherweise muss man sagen, dass die Problematik dieses Kaders darin besteht, dass unheimlich viele Spieler ihre Leistungs-PS noch nicht auf den Platz gebracht haben. Aber ich bin mir sicher, dass das im Verlaufe der Saison irgendwann der Fall sein wird. Und ein Trainerwechsel kann logischerweise auch da einen Effekt haben.“
Desweiteren erläuterte Koschinat, was es aus seiner Sicht braucht, um am Sonntag erfolgreich an der Bremer Brücke zu sein: „Ich glaube, dass wir eine sehr couragierte und mutige Leistung benötigen, um dort etwas mitzunehmen. Deswegen fokussiere ich mich voll darauf die Mannschaft optimal vorzubereiten, die richtige Personalentscheidungen zu treffen und ein gutes Gefühl für meine neue Mannschaft zu bekommen. Das sind so die Dinge, die ich in den Vordergrund stellen möchte.
Auf der Vorstellungs-Pressekonferenz von Neu-Coach Marco Antwerpen erklärte dieser, welchen Plan er mit seiner neuen Mannschaft und der aktuellen schwierigen Ausgangslage verfolgt: „Es ist möglich, diesen Punkterückstand, aufzuholen. Und ich glaube, wenn man die Anzahl der Spiele sieht, ist es möglich. Natürlich müssen wir dafür die Qualität der Mannschaft noch erhöhen. Wir wollen intensive Trainingseinheiten, eine Positivität und einen Zusammenhalt in die Mannschaft bekommen. Und nach meiner Erfahrung funktionieren diese Dinge.”
Angesprochen auf seinen ersten Eindruck der Mannschaft äußerte sich Antwerpen wie folgt: „Die Mannschaft macht für mich nicht den Eindruck, dass sie sich aufgegeben hat. Und genau so werden wir in die Partie gegen Rot-Weiss Essen gehen, die enorm wichtig für uns ist. Und natürlich wollen wir versuchen, den ersten Sieg zu holen.“
TV und Liveradio
Der Pay-TV Sender Magentasport überträgt die Partie live ab 16:15 Uhr. Das Liveradio der Lila-Weißen meldet sich wie gewohnt wenige Minuten vor Anpfiff. Ansonsten können VfL-Fans das Spiel ebenso über den Liveticker in der App oder auf der Website, sowie auf der Plattform X verfolgen.
Text: Jendrik Greiwe
Foto: osnapix